Foto: Semire
Die Geschichte meines Mannes
Mein Mann ist Kurde und stammt aus der Türkei, genau wie ich. Er war dort politisch tätig, engagierte sich stets für sein Volk und verweigerte den Wehrdienst. Wenn man in der Türkei als Kurde Wehrdienst leistet, wird man eher in den Osten geschickt und dort gegen Menschen eingesetzt, die gegen das türkische Militär kämpfen. Wenn man dort nicht kämpft, wird man erschossen. Es wird dann behauptet, man hätte Suizid begangen. Verweigert man aber den Wehrdienst, wird man als Verräter gesehen und in Folge getötet. Mein Mann wurde deswegen verhaftet und gefoltert.
Nach diesen Ereignissen musste er seine Heimat, seine Eltern, einfach alles zurücklassen. Er flüchtete 2001 nach Österreich und beantragte Asyl. Nach kurzer Zeit bekam er eine Gerichtseinladung. Er schilderte der Richterin alles, was passiert war und warum er flüchtete. Mein Mann ahnte nicht, dass ihm die Richterin keinen Glauben schenken würde.
Nach dem Prozess übersiedelte er von Salzburg nach Linz. Einige Wochen später bekam er einen Brief vom Gericht. Darin stand, dass die Richterin ihm trotz dargelegter Beweise nicht glaube und er das Land verlassen müsse. Mein Mann nahm sich sofort einen Rechtsanwalt und erhob Einspruch. Nach einigen Monaten kam wieder ein Brief. Darin stand, dass die Richterin ihm noch immer nicht glaube und er sofort das Land verlassen müsse. Ansonsten würde er von der Polizei verhaftet, in ein Flugzeug gesetzt und abgeschoben werden.
Dieses Ereignis brachte meinen Mann dazu, sich wieder daran zu erinnern, was ihm in seiner Heimat passiert war, welche Folter er dort erlebte. Der Einspruch gegen den Bescheid hatte nichts bewirkt und er fing an, sich Gedanken zu machen, was er jetzt tun solle, wie es weitergehen würde. Wenn er abgeschoben würde, würde er als Verräter gelten, man würde ihn verschwinden lassen. Also durfte er auf keinen Fall zurück in die Türkei.
Sein Anwalt erhob erneut Einspruch, diesmal bei einem höheren Gericht, dem Unabhängigen Bundesasylsenat. Inzwischen ging es meinem Mann psychisch sehr schlecht. Er machte sich stets Gedanken darüber, wie es jetzt weitergeht, ob er abgeschoben wird oder hier bleiben darf. Er bekam damals keine staatliche Unterstützung und musste so schnell wie möglich eine Arbeitsstelle finden. Da er aber keine Arbeitserlaubnis hatte, durfte er nicht arbeiten. Er suchte bei vielen Firmen an, aber alle lehnten ab und wollten keinen Asylwerber einstellen.
Im Jahr 2010 lernten wir uns kennen. Ein paar Monate später bekam er einen positiven Bescheid. Er konnte sich aber nicht richtig darüber freuen, denn inzwischen waren neun Jahre vergangen. Um mich nach Österreich zu holen, beantragte er Familienzusammenführung. Die Behörden erteilten mir aber kein Visum, weil wir offiziell nicht verheiratet waren. Nach mehreren gescheiterten Versuchen entschieden wir uns, woanders zu heiraten. Im März 2012 kam ich endlich nach Österreich und im selben Jahr haben wir unsere Hochzeitsfeier veranstaltet.