#frauenerzählen – Das Fahrrad

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Foto: Fernando Meloni_Unsplash

Das Fahrrad

von Kaltoum

Im Dezember 2004 bin ich mit meinen zwei Söhnen nach Österreich gekommen. Mein Mann war schon hier.

Wir hatten kein Auto, deshalb mussten wir zu Fuß gehen. Jeden Samstag sind wir zu viert zum Einkaufen gegangen. Das war sehr anstrengend und es hat oft geschneit und es war sehr kalt.

Da habe ich gedacht, ich muss Fahrrad fahren lernen. Ich habe das lila Rad von meinem Sohn genommen und mein Mann hat gesagt: „Das kannst du probieren. Ich halte dich fest.“ Dann bin ich auf das Fahrrad gestiegen und habe in die Pedale getreten.

Ich habe die Griffe ganz fest gehalten und hatte Angst, dass ich umfalle. Ich wollte aufhören, aber mein Mann hat gesagt, dass ich weitermachen soll, weil er mich festhält. Am Abend hat mir alles weh getan. Wir haben weiter trainiert.

Manchmal bin ich mit meinen Söhnen Fahrrad fahren gegangen. Mein älterer Sohn hat das Fahrrad gehalten, wenn ich aufgestiegen bin und hat mich angeschoben. Der Kleine ist währenddessen mit seinem kleinen Fahrrad um uns herum gefahren.

Nach zwei Wochen konnte ich alleine Radfahren. Meine Familie und ich sind zum Flohmarkt gegangen. Dort habe ich ein schwarzes Damenrad gekauft und bin nach Hause gefahren. Bei einer Brücke hatte ich Angst und bin abgestiegen und habe das Fahrrad geschoben.

Meine Kinder haben gelacht. Beim bergab fahren bin ich einmal gestürzt, weil ich nicht gebremst habe. Ich habe mich ein bisschen im Gesicht verletzt, eine kurze Pause gemacht und bin weitergefahren. Jeden Morgen habe ich meinen Sohn mit dem Fahrrad in den Kindergarten gebracht.

Ich bin sehr stolz mit meinem Fahrrad und habe keine Angst mehr. Ich fahre jeden Tag mit dem Fahrrad und bin zufrieden, weil ich das geschafft habe.